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Ein Stück vom Glück

Unsere Setzlinge gedeihen prächtig. Wenn alle unsere Salatsetzlinge durchkommen, werden wir uns bald gänzlich von Kopfsalat ernähren können. Es ist doch jedes Jahr das Gleiche. Und heuer habe ich mir doch so vorgenommen, dass es dieses Jahr anders wird. Aber es ist wohl so, wie mit allen Neujahrsvorsätzen. Irgendwann verfällt man doch wieder in alte Muster.

 

Frau Primavera ist selig. Wir haben dieses Jahr sogar mal wieder einen Versuch gemacht und selbst Tomatensetzlinge gezogen. Das zu rechtfertigen war recht einfach. Wenn man selber Setzlinge zieht, dann hat man tendenziell später Früchte, als wenn man sie kauft. Das würde den Erntezeitpunkt etwas nach hinten verschieben. Aber die sechs Zucchettistöcke werden uns diesen Gefallen wohl nicht tun.

 

Nun die Geschichte wie es dazu kam, dass wir in diesem Jahr unseren Garten noch vergrössert haben im Vergleich zum letzten Jahr ist recht einfach. Wie immer ist es eine Verkettung von Ereignissen und Entscheidungen. Eigentlich wollten wir ja den Garten reduzieren und um diesen Entschluss zu festigen haben wir auch beschlossen nach vier Jahren mal wieder in die Ferien zu fahren. Wir haben Ferien eingereicht und ein grandioses Ferienhaus reserviert. Sogar das Auto scheint dieses Jahr mitzuspielen. Dann kam Corona und mit dem Virus und dem Aufenthalt zu Hause wurde die Verlockung immer grösser, doch ins Treibhaus zu stürzen. Als erstes hielt es Herr Primavera nicht mehr aus. Wenigstens Radieschen und Salat sollte man doch anziehen können. Das sollte ja dann auch vor den Ferien bereits gegessen sein.

 

Von diesen kleinen Setzlingen aus ging es dann zu Blumen. Ich meine, Blumen kann man immer brauchen. Sie sind schön und man muss sie nicht verarbeiten. Im Notfall können die auch unseren Garten schmücken, wenn wir nicht zu Hause sind. Im Rest der Pflanzung könnten wir ja einen Versuch starten mit Getreide. Das kann auch ohne uns wachsen und wenn wir nicht zu früh sähen, dann sollte der Erntezeitpunkt etwas nach unseren Ferien liegen. Das wäre doch ein spannendes Experiment für die Kinder. Sie könnten sähen, pflegen, ernten, dreschen, mahlen und unser ganz eigenes Brot backen. Natürlich wollte ich dafür nicht irgendein Getreide und die meisten Getreidearten hätten wir ja auch schon vor dem Winter sähen müssen. Ich habe mich also etwas schlau gemacht und tatsächlich einen Anbieter gefunden, der auch Getreidesamen in kleineren Mengen anbietet. Ja und was man da nicht sonst noch so findet auf solchen Seiten. Artischocken mögen wir auch alle gern und hatten sie doch noch nie im Garten. Und überhaupt, was wenn wir gar nicht in die Ferien gehen können? Ein Sommer zu Hause ohne Garten wäre irgendwie trostlos. Also wie wäre es mit ein paar Tomaten? Zwiebeln gehören eh dazu und Knoblauch geht da ja parallel mit. Ja und wenn wir schon dabei sind so ein paar Sachen anzuziehen, könnten wir ja auch noch das bereits vorhandene Saatgut studieren und so ein paar Zucchetti und Gurkenpflanzen ziehen. Ja und ehe ich wusste wie mir geschah war ich wieder am Giessen, Hegen und Pflegen.

 

In der Gartenkunde der Bäuerinnenschule haben wir gelernt nur so viele Setzlinge zu setzten, wie wir wirklich brauchen. Man muss etwas mehr anziehen, da nicht alle Samen wachsen werden. Von den gewachsenen Setzlingen soll man nur diejenigen setzen, die am stärksten sind. Der Garten sei der falsche Ort um sozial zu sein! Schwache Setzlinge gehörten auf den Kompost. Sie noch irgendwo dazwischen zu setzen würde nur dazu führen, dass die Starken nicht optimal Platz und Nährstoffe hätten und am Schluss sei der Ernteertrag kleiner als eigentlich möglich. Was aber, wenn man plötzlich mehr Platz bekommt und alle Setzlinge irgendwo unterbringt? Die Hühner werden sich bestimmt auch über mehr Grünfutter freuen. Unsere grösste Sorge ist jetzt nur noch, falls die Coronasperre wider Erwarten aufgehoben wird: Wer erntet dann all die Gurken und Erbsen?