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«Kleine Geister halten Ordnung,

ein Genie überblickt das Chaos», stand am Kühlschrank der Schulküche in der siebten Klasse. Ich habe das damals so verstanden, dass die Kochlehrerin uns wohl sagen wollte, dass wir chaotisch sein dürfen falls wir ihr beweisen könnten, dass wir Genies sind und bis dahin sollten wir alle Ordnung halten. Unsere Lehrerin war sehr pingelig beim Kontrollieren, ob alles wieder sauber war. Sie fuhr mit den Fingern der Unterseite der Arbeitsfläche entlang, öffnete jede Schublade und begab sich in die Hocke um auf Augenhöhe mit der Kombination jedes Körnchen sehen zu können, das noch auf der Ablage war. Wir besuchten ihren Unterricht gern. Neben ihrer Angewohnheit uns zu kontrollieren, wie ein Lebensmittelinspektor, hatte sie Humor und Geduld.

 

 

Sie ging mir kürzlich durch den Kopf, als unsere Küchenablage mal wieder einer Installation von Fischli/Weiss glich. Das ist jeweils der Punkt, an dem es auch mir zu viel des Chaos wird. Was meine Kochlehrerin wohl dazu sagen würde? Ich begann aufzuräumen und wie das so ist, zog das eine das andere nach sich. Um all die Dinge, welche sich auf der Küchenablage angesammelt hatten verstauen zu können musste ich erst Ordnung in den Schränken schaffen. Und weil das so schnell ging und so ring war, öffnete ich noch ein paar andere Schränke.

 

 

Vor dem Schuhschrank blieb ich stehen und betrachtete die recht ansehnliche Menge an Schuhen, die wohl bald einen Standschaden erleiden werden. Ich beschloss ein paar meiner Schätze der Kleidersammlung zu spenden. Halbhohe Cowboystiefel, ein Paar Halbschuhe, ein Paar weisse Pumps und schliesslich kam ich zu den High Heels. Ach, das waren noch Zeiten. Aber wo werde ich die den heute noch tragen? Zum Äpfelauflesen sind sie nicht sonderlich geeignet, zum Jäten und Heuen auch nicht. Zum Unterrichten vielleicht aber im Werkraum und in der Turnhalle sind sie auch eher suboptimal. Augen zu und in den Sack damit. Drei Paar habe ich behalten. Ich brachte es nicht übers Herz. Wer weiss, vielleicht werde ich sie mal wieder tragen. Vielleicht doch zum Auflesen von Ästen. Am Hang könnten Stiftabsätze vielleicht ganz praktisch sein, man rutscht dann nicht ab.

 

 

Sei es wie es will. Ich bin mit meinem Sack aus dem Haus in Richtung Auto als mir die blöde Schnur abriss. Schnell nahm ich etwas Strohballenschnur und band den Sack wieder zu. Irgendwie ein Bild für sich, der Sack mit der Strohschnur und die Spitze eines Absatzschuhes mit Schottenkaros, die aus einem Loch im Sack hervorguckt.