In der Bäuerinnenschule hatten wir, wie ihr bereits wisst, sehr weise Lehrer. Wie meistens bei Lehrern merkt man das aber erst im Nachhinein so richtig. Jedenfalls hatten wir auch ein Fach zur Haushaltsführung. Wir lernten dort neben dem effektiven Haushalten auch das Haushalten mit unseren eigenen Ressourcen. Den Satz: «Jedes nein zu einem anderen, ist ein ja zu dir selbst.» haben wir dort gelernt. Er heisst so viel wie: Sage nur dann ja zu einer Bitte, wenn du auch ja meinst und dich nicht verbiegen musst um irgendwie Worthalten zu können. Beim Thema Zeitmanagement lernten wir Pläne zu erstellen. Die Lehrerin schärfte uns ein, dass wir 20 % der Arbeitszeit des Tages für unvorhergesehene Vorkommnisse freihalten sollen. Das sind Ereignisse wie: einen spontanen Kaffee mit der Freundin, die man per Zufall beim Einkaufen trifft oder ein Schwatz mit der Nachbarin, die noch ein paar Eier brauchte oder das Kind, das den Schulbus verpasste oder, wie in meinem konkreten Fall, die überlaufende Toilette im Erdgeschoss.
Hätte ich bloss auf sie gehört. Im Normalfall mache ich mir keinen Arbeitsplan. Ich mache Listen mit dringenden und weniger dringenden Tätigkeiten. Ich mische auch immer ein paar Dinge darunter, die ich zur Freude machen möchte. Anschliessend beginne ich bei den dringenden Arbeiten und schaue wie viel ich schaffe. Nicht so am letzten Dienstag. Ich war die Tage davor nicht wirklich zu Hause und wollte deshalb meinen Haushalt endlich wieder fit machen und hatte mir so einiges vorgenommen. Ich war super auf Kurs. Ich hatte die Badezimmer beinahe fertig geputzt. Das Fleisch fürs Mittagessen war am Auftauen. Die Waschmaschine war bereits an der zweiten Trommel. Der Grosse war in der Schule. Der Kleine wollte gerade Staubsaugen. Es war toll, bis zu dem Zeitpunkt, als ich schnell Eier aus dem Keller holen wollte und fast in einen nährstoffreichen See trat, als ich die Treppe runterkam.
All das Wasser, das ich zum Putzen der Badezimmer brauchte und all das Wasser, das die Waschmaschine abpumpte trat einen Stock tiefer über den Rand der Toilette wieder ins Haus ein und begann in einer Art trägem Fluss in den Flur zu fliessen.
Solche Dinge passieren mit Vorliebe dann, wenn man alleine zu Hause ist und meistens an Tagen, an denen man eigentlich genügend andere Sachen machen wollte. Ich begann also gemeinsam mit meinem vierjährigen Sohn die Bescherung aufzuputzen. Anfangs blieb er wie angewiesen schockiert als Zuschauer auf einem Stuhl, aber das hielt nicht lange. Er wollte helfen und ich liess ihn. Wir wischten also das trübe Wässerchen auf und versuchten anschliessend vergeblich die Toilette zu entstopfen.
Die Kochzeit war nebenbei auf ein Aufwärmen zusammengeschrumpft. Zum Glück hatte ich letzte Woche einen Geistesblitz als ich beschloss gleich die doppelte Menge an Käseküchlein zu machen und einen Teil davon einzufrieren. Das Mittagessen war gesichert. Bevor dann der Kleine in den Kindergarten musste durfte er erst mal frische Kleider anziehen und ganz kräftig die Hände waschen.
Das Problem war auch am Abend noch nicht behoben. Spätestens jetzt weiss ich, wieso ich nicht Sanitärinstallateurin geworden bin. Wobei, als dieser dann kam konnte er auch nicht weiterhelfen. Es läge am Rohr und dieses müsse durch eine Rohrreinigungsfirma entstopft werden.
Bis zum Schluss verbrachte ich fast 80% meiner Zeit mit diesem unvorhersehbaren Ereignis. Zeitverschwendung war die Sache trotzdem nicht. Als ich am Nachmittag nämlich einen neuen Versuch, diesmal mit Hilfe des Gartenschlauches, starten wollte, musste ich zuerst die Düse des Schlauches entfernen. Als mein grosser Sohn mich beim Lösen der Bride beobachtete sagte er beeindruckt: «Mami, du bisch en Held!» Und wer hört das denn nicht gern?!