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Vogel flieg aus

Unsere Familie mag Vögel. Wir beobachten Vögel und freuen uns riesig, wenn wir manchmal sogar seltene Exemplare entdecken. Der Neuntöter auf dem Hühnerzaun und der Wendehals neben der Holzbeige waren kleine Sensationen. Unser jüngerer Sohn konnte kaum Reden da hat er im Vogelbuch schon die verschiedenen Vögel mit Namen betitelt. Und immer, wenn wir zum Schulbus gehen halten wir Ausschau nach dem weissen Bussard.

 

Wir haben auch diverses Federvieh auf unserer Liegenschaft. Wir haben Wachteln und Hühner, eine bunte Schar, die bunte Eier legen. Aber es ist so eine Sache mit dem lieben Federvieh. Diese schlauen Tiere finden Löcher unter dem Zaun und offene Türen zielsicher. Wer kann es ihnen verdenken, schliesslich möchten wir uns ja auch frei bewegen und die Welt entdecken und vielleicht ist das Gras ausserhalb des Hühnerhofes ja wirklich besser. Bei den Wachteln muss man extrem schnell sein. Wenn eine von ihnen das Gehege verlässt wird sie entweder von der Katze gefressen oder verschwindet auf Nimmerwiedersehen in der Natur. Zwei Wachteln haben wir schon so verloren, die eine tauchte im langen Gras des Nachbarn unter und die andere erschrak, flog auf und segelte dann den Hang hinunter in Richtung Wald. Das mit den Katzen hatte ich als Kind erlebt. Unsere Katzen lagen mit Vorliebe auf dem Gitter des Auslaufes und beobachteten die Wachteln. Eines Tages war dann der dicke rote Kater zu schwer für das Gitter. Als ich wiederkam sass der Kater im Gehege und daneben lagen zwei Paar Beine.

 

Aber kommen wir zurück in die heutige Zeit. Vor ein paar Wochen ergänzten wir unsere Hühnerschaar durch ein Paar junge Tiere, einerseits aus unserer eigenen Aufzucht und andererseits durch gekaufte Hybriden, denn auch wir schätzen etwas mehr Konstanz bei der Legeleistung und so ein paar weisse und hellbraune Eier bringen die bunten in der Schachtel erst richtig zur Geltung. Immer wieder kommt es vor, dass die Hühner einen kleinen Spaziergang ausserhalb des Geheges machen. Der Hahn fliegt oben auf den Lattenzaun und kräht über das ganze Tal. Die Hühner suchen etwas leckeres oder auch mal alternative Legeplätze. Im Normalfall fangen wir die Hennen schnell wieder ein. Auch wegen des Habichtes, der in der Nachbarschaft oft präsent ist. Seit wir den Auslauf mit einem Netz gedeckt haben lässt er uns aber in Ruhe und überhaupt ist in letzter Zeit nicht wirklich etwas passiert also wozu dann diese Panikmacherei.

 

So dachte ich auch am Montag. Ich wollte gerade den Grossen zum Bus bringen, als uns im Schopf eines der neuen Hühner entgegenkam. Ich sagte, dass ich mich später darum kümmern werde. «Aber Mami, was ist, wenn der Fuchs kommt?» Um 12:30 hielt ich das für eher unwahrscheinlich. Als ich vom Bus zurückkam sah ich, dass auch der Hahn sich munter zwischen den Ziegen bewegte. Ich beschloss erst mal einen Kaffee zu trinken. «Das eilt jetzt nicht.»

 

Nach dem Kaffee wollte ich das Huhn einfangen, welches ich im Schopf nicht mehr finden konnte. Die Ziegen standen fasziniert am Zaun und sahen dabei alle in eine Richtung. Als ich das auch tat sah ich eine ganze Menge weisser Federn und weiter unten ein totes Huhn. Ich ging den Hang hinunter um es zu holen und bekam beim Anfassen der Füsse einen Stromschlag. Bei genauerer Betrachtung stellten wir fest, dass wohl ein Vogel versucht hatte das Tier zu packen und ihm in Nackengegend so einiges an Federn ausgerissen hatte. Dann muss das Huhn sich befreit haben und in der Panik gegen die Stromleitung zum Zaun der Ziegen geprallt sein. Nach dem plötzlichen Herzstillstand unseres anderen Weisslegers, ist so also auch die zweite Henne hin. Dann eben keine weissen Eier.

 

Ein kleines Stimmchen in mir sagt noch heute: «Und wenn du den Kaffee nicht getrunken hättest…» Wie gut tut es da zu wissen, dass ich den Fehler wohl schon vor Wochen gemacht hatte, als ich unglücklicherweise vier neue Hühner gekauft hatte. Wo man doch wissen sollte, dass man Hühner nur in ungeraden Zahlen kauft. Geradezahlen bringen Pech und so ist es eine Frage der Zeit, was mit den beiden Braunlegern geschieht….