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Wir haben die Wahl

Es ist wieder soweit und wir haben die Wahl. Man kann über Sinn und Unsinn dieser vielen Wahlprospekte diskutieren ich selbst finde es auch etwas übertrieben, dass gewisse KandidatInnen und Parteien gleich auf mehreren Prospekten Werbung für sich machen, an sich finde ich aber Wahlwerbung eine der berechtigteren. Es kommen tagtäglich Prospekte ins Haus, die weit weniger Sinn machen und schon gar nicht so wichtig sind wie diese Unterlagen. Ich habe bereits gewählt. Und ich geniesse dieses Privileg.

 

Als ich mit 18 zum ersten Mal abstimmen durfte ging ich mit meiner Mutter an die Urne. Wir reihten uns in die Schlange ein um unsere Couverts einzuwerfen. Ein paar Plätze vor uns stand ein älterer Herr, der sich umsah und als er uns entdeckte halblaut sagte: «Wir hätten den Frauen nie das Stimmrecht geben dürfen!» Zack, da war er: der Moment in dem ich beschloss, wenn es irgendwie möglich ist, jede einzelne Abstimmung und Wahl wahrzunehmen.

 

In einem ruhigen Moment zu Hause habe ich also die Unterlagen hervorgeholt und studiert. Schon spannend, diese riesige Auswahl. Um zwanzig hatte ich einmal mit diesem Onlinetool versucht herauszufinden welche Partei am ehesten meine Ansichten einbringen würde. Damals war ich im Kanton Zürich zuhause und die Maschine spuckte die PdA aus…Ich veränderte den Wohnkanton auf Luzern und die Maschine spuckte die SVP Frauen aus…Ich habe keines von beidem eingeworfen. Da ich die Grundlegenden Werte der Partei der Arbeit nicht mit den meinen vereinbaren konnte war es mir egal, dass sie offenbar momentan ähnliche Ansichten hatten wie ich. Spannend war ja auch, dass die SVP Frauen des Kanton Luzern offiziell auch ähnliche Ansichten vertraten wie ich und doch komplett anders tickten als die PdA. Ich folgte meinem Herzen und warf eine gemässigtere Partei ein.

 

Heuer wollte ich das mit dem Onlinedienst noch mal probieren und siehe da, diesmal waren meine Herzenspartei und ich sogar auf gleicher Linie. Also Liste raus und los. Bei diesem Test habe ich auch festgestellt, dass mein Herz wohl auch aus der Romandie kommt. Denn drei von den vier Kandidaten, die mir am ehesten entsprachen kamen aus der Westschweiz. Ein Hoch auf den Kanton Bern in welchem ich sie auch tatsächlich wählen kann.

 

Als ich die Unterlagen vor mir ausgebreitet hatte und die verschiedenen Listen, Slogans und Gesichter studierte kam mein sechsjähriger Sohn dazu. Er fragte, was ich da mache. Ich versuchte ihm zu erklären wie das mit dem Wählen bei uns funktioniert und warum wir wählen. Ich erklärte, dass es mir wichtig sei und ich gerne in Ruhe entscheiden möchte wen ich auf meinen Zettel schreibe. Denn wie immer bin ich Meister im panaschieren. Mein Sohn hörte aufmerksam zu. «Dann sind das die, die darüber diskutieren könnten, ob wir nicht besser bei Rot fahren sollten und bei grün stehen?», fragte er nach meiner Erklärung, dass der Nationalrat über neue Gesetzesentwürfe berät. Ich lachte: "Ja, so ungefähr." Er war wieder ruhig und betrachtete die Flyer. «Und warum machst du da nicht mit Mami?»