· 

Die Operette des Lebens

Wie ich schon ein Mal erwähnt habe singe ich sehr oft mit den Kindern. Ich wage zu behaupten, dass sehr viele Eltern das tun. Wir singen «guten Morgen», «Gute Nacht», vor dem Essen, vor Weihnachten, Ostern, zum Spielen, einfach so und auch zur Konfliktbewältigung. Wenn mir die Kinder nicht zuhören wiederhole ich manchmal das gesagte in gesungener Version. Das hilft, weil es für die Kinder nicht gleich klingt, wie das, was ich sonst sage. Sie werden aufmerksam und hören zu. Ob sie jetzt die Zähne putzen oder nicht ist eine andere Sache aber sie haben die Info dann mitbekommen. So singe ich also manchmal auch vor dem Zähneputzen, während dem Zähneputzen, vor dem Händewaschen, vor dem Hinausgehen, zur Ablenkung beim Nägelschneiden und eigentlich in jeder erdenklichen Situation.

 

Früher war ich oft blockiert, wenn es darum ging schnell und spontan einen Reim zu bilden. Im Küssnachtertobel mussten wir einst Reime finden. Es war ein Spiel, jeder sagte zwei Zeilen eines sich so bildenden Gedichtes, wobei die erste Zeile den Reim auf die Zeile des Vorgängers bilden musste. Ich war recht schnell raus. Heute wäre ich viel länger im Spiel. Kinder lieben Reime und sind fasziniert von ihnen. Ich reime also viel. Eine Freundin von mir hat einmal gesagt, dass wir als Mütter noch alle zu Operettenstars würden, so viel, wie wir den ganzen Tag singen und reimen.

 

«Uufrume, ufruume es isch Zyyt, lueged, was alls no umeliit.» Ein tolles Lied, das meine Jungs aus dem Kindergarten nach Hause gebracht haben. Manchmal singe ich auch dieses vor dem ins Bett gehen. Plötzlich hören die Kinder einen anderen Modus in der Stimme und werden aus ihrer vertieften Abwesenheit geweckt. Ich muss so viel weniger rufen und schreie weniger. Nur manchmal komme ich mir vor, wie ein Radio, wenn die Kinder einfach weiterstreiten, spielen oder ganz bewusst in eine andere Richtung schauen.

 

Eigentlich ist es ja ganz schön und ich weiss jetzt schon, dass ich es vermissen werde. Irgendwann wird es peinlich werden, wenn Mami singt, wie alles, was Mütter machen. Dann werde ich nicht mehr in Reimen zum Essen rufen und auch nicht mehr singend einen Streit abschwächen. Und vielleicht mache ich es grade zum Trotz.

 

Ich wünschte nur meine Jungs würden das auch tun, wenn sie mich aus dem Schlaf wecken. Anstatt mit einem Sprung in unser Bett sogleich die grosse Decke zum Zelt umzufunktionieren.