Was derzeit für Bilder aus dem Fernseher in die eigene Stube flimmern, scheint mir unglaublich. Leere Regale in Läden, Dörfer, die abgeriegelt sind und Anlässe, die reihenweise abgesagt werden. Alles Massnahmen zum Schutz der Bevölkerung vor einer möglichen Pandemie.
Hier oben auf dem Hügel im tiefen, tiefen Emmental habe ich noch nicht viel vom Corona Virus gemerkt. Wir waren sonst den halben Winter krank. Das alles erscheint mir unwirklich und weit weg. Trotzdem rückt es langsam auch in mein Bewusstseinsfeld. Gestern Abend kamen doch tatsächlich Bilder von leeren Teigwaren-Regalen in unserer lokalen Migros. Das hatte ich eigentlich nicht für möglich gehalten.
Als ich Mitte Woche einkaufen ging, waren die Regale noch voll. Es hatte sogar einen riesigen Berg Teigwaren welche gerade Aktion waren. Ob die Ladenfilialen einen zusätzlichen Anreiz schaffen wollten damit die Leute mehr Teigwaren kaufen oder ob sie das auch so getan hätten, sei dahingestellt. Ich beschloss keine Teigwaren zu kaufen, da wir zu Hause noch ausreichend haben.
Nur was ist denn ausreichend. Plötzlich gehe ich mit einem anderen Blick durch meinen Keller. Wie lange würden meine Vorräte wohl effektiv halten, wenn ich nicht mehr zusätzlich einkaufen könnte? Mit Marmelade und Fleisch könnten wir wohl bis ende Jahr auskommen. Mit Gemüse würde es irgendwann knapp werden. Teigwaren wären dann halt nach ein paar Wochen aus und wir müssten etwas mehr Knöpfli machen. Da fällt mir ein, ich sollte noch in die Mühle. Unser 25 Kilogramm Sack «Ruchmehl» geht zur Neige. Vielleicht würde ein Sack Weissmehl auch nicht schaden. In meinem Kopf singt eine kleine Stimme: «Wenn mer bide Buure isch, denn het mers gibigäbiguet. Ja wenn …»
Wo stapeln eigentlich die Besitzer einer dreieinhalb-Zimmer-Wohnung ihre Vorräte, die sie jetzt so grosszügig eingekauft haben? Ich stelle mir überfüllte Gänge vor und Büchergestelle in denen extra Platz gemacht wurde für die Raviolibüchsen. Ich bin dankbar, dass ich mir keine echten Gedanken über das Anlegen eines Notvorrates machen muss. Wir haben den Vorrat eh. Unsere Essgewohnheiten würden sich vielleicht mit der Zeit etwas verändern und bis zum Ende des Jahres könnten wir an Skorbut erkranken. Frau Primavera pickelt eh schon seit ein paar Wochen an meinem Entschluss des «keinen Garten in 2020» herum. Bis jetzt war ich standhaft aber wer weiss. Vielleicht knicke ich irgendwann doch ein und renne mit Saatgut unter dem Arm ins Treibhaus um meterweise Setzlinge zu ziehen. Zum Glück bin ich momentan noch mit anderen Dingen beschäftigt.
Der Informationsabend zum Thema «Wolf» steht endlich. Wir haben das Datum und die Gäste haben alle Zeit. Nur wird er noch stattfinden dürfen? Bis jetzt sind die meisten Opfer des Corona-Virus in der Schweiz die zahlreichen Anlässe, die abgesagt werden mussten. Es macht Sinn diese Anlässe abzusagen und die Bevölkerung mal wieder auf gewisse Hygieneregeln hinzuweisen. Toll, wie da die Informationen fliessen und die Bedenken der Bevölkerung ernst genommen werden. Das betrifft ja auch alle, irgendwie, und nicht nur eine Region.
Für mich ist der Wolf da draussen momentan noch realer als das Virus. Ich rechne jeden Tag damit, dass ich morgens aus dem Fenster sehe und der Wolf über unsere Wiese trabt. Beim Virus habe ich das Gefühl, dass es noch einige Zeit dauern könnte bis wir es hier oben haben. Trotzdem ist es nicht zu unterschätzen. Auf den Schulalltag könnte es mehr Einfluss haben. In meinem Schulalltag spielt der Wolf wiederum eine kleine Rolle. Wir haben wesentlich mehr Probleme mit Läusen als mit Wölfen. Vielleicht liesse sich ja auch dieses Problem beheben, wenn die Schulen wegen der möglichen Pandemie geschlossen würden. Das wäre eine messbare, positive Begleiterscheinung solcher Massnahmen.
Die neue Woche wird neue Informationen bringen und wir werden erfahren, ob der Informationsanlass stattfinden wird oder nicht. Heute jedenfalls, so lange wir das noch dürfen, haben wir Besuch aus dem städtischen Risikogebiet und werden hochriskant ein Fondue essen. Ich glaube diesmal werde ich dazu einen Schluck Bier trinken. Nach all dem Corona-Gerede habe ich Lust auf ein Quöllfrisch.