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Da geht die Post ab

Wir waren fleissig. Jeden Tag haben wir mindestens einem Brief oder eine Karte geschrieben. Ich kam mir ein Bisschen so vor, wie in meinen Kindertagen. Wenn ich als Kind irgendwo in den Ferien war habe ich immer unzählige Postkarten verschickt. Etwas, was ich in Zeiten von digital übermittelbaren Bildern kaum mehr mache. Trotzdem habe ich über die Jahre einen beträchtlichen Vorrat an Postkarten gehortet, der jetzt abgetragen wird. Klar könnten wir einfach Textnachrichten in die Welt hinaus senden, wie bisher, aber so eine kleine, handgeschriebene Nachricht ist eben doch etwas persönlicher.

 

Bei einigen Sendungen haben wir auch Zeichnungen und andere kleine Aufmerksamkeiten hinzugelegt, was uns noch mehr Spass machte und hoffentlich gut ankam. Unser kleiner ist in dieser Woche fünf geworden und er versucht sich jetzt auch wacker im Schreiben. Er setzte einen Brief an die Urgrossmutter auf und meinte dazu ganz stolz: «Wenn die Uroma diesen Brief kriegt, dann wird sie sicher vor Freude in ihrem Bett auf und ab hüpfen bis sie die Decke berührt!» Ein Bild, dass ich nur zu gerne sehen würde. Der ältere Sohn meinte darauf: «Weisst du was? Wir werden so viele Karten verschicken bis die ganze Verwandtschaft vor Freude auf und ab hüpft!» So, das ist also unser Ziel. Naja, auch wenn nicht gehüpft wird, hatten wir unseren Spass.

 

Die Post und ich hatten eigentlich schon immer ein sehr gutes Verhältnis. Ich wusste was sie tun, sie wussten was sie tun und ich wusste, was ich tun musste damit sie tun was sie tun. Alles funktionierte wunderbar bis ich diese Woche ein kleines Paket nach Deutschland senden wollte und die Leute auf der Post mir erklärten, dass das leider nicht mehr gleich funktioniert, wie noch im Dezember. Nein, das hat nichts mit Corona zu tun. Es sind neue Bestimmungen und dieses schicke kleine grüne Kleberchen genannt «Verzollungsetikette» gibt es jetzt nicht mehr. Ich müsse das online machen. Online dem Nachbarland meine Sendung ankündigen, damit sie wissen, dass jetzt ein Buch zu ihnen unterwegs ist. Beim Ausfüllen dieses Formulars schliesslich bin ich fast auf und ab gehüpft aber nicht vor Freude. Nachdem ich meiner über 80-jährigen Bekannten über Jahre Briefe geschrieben habe sollte ich nun plötzlich ihre Telefonnummer oder E-Mailadresse angeben. Glücklicherweise gibt es auch Telefonbücher online. Auch meine eigenen Daten musste ich präzise angeben. Kleine Aufmerksamkeiten von anonymen Verehrern sind damit also auch Vergangenheit. Kurzfristig war mein Verhältnis zum gelben Unternehmen etwas frostig. Nach dem Crashkurs als Postangestellte war ich ein Bisschen verunsichert, ob ich es je wieder schaffen werde etwas über die Landesgrenzen hinweg zu versenden. Die freundliche Frau am Schalter versicherte mir, dass ich alles korrekt ausgefüllt hatte. Jetzt bin ich gespannt ob das Paket auch ankommen wird.

 

Vielleicht wird auch meine Bekannte bald auf und ab hüpfen vor Freude. Wir werden es bestimmt noch oft tun, jedes Mal, wenn wir wieder eine Karte aussuchen, um sie jemandem zu schicken. Marienkäfer, Frühlingsblumen, etwas Humorvolles oder doch selbst gebastelt?