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Zwischen Glaube und Aberglaube

Frohe Ostern! Es ist wieder so weit. Wir begehen einen der höchsten christlichen Feiertage. Und wie jedes Jahr wird wieder darüber gesprochen, ob das Datum dieser Feiertage wirklich christlichen Ursprungs ist oder, ob man sie bewusst in die Nähe von heidnischen Feiertagen legte um den Übertritt zum Christentum zu erleichtern. Es wird darüber gesprochen, wieso wir Osterhasen haben und Eier verstecken und darüber, dass das alles nichts mit dem Christentum zu tun hat.

 

Was ist denn dieses Christentum überhaupt? Ich bin Katholikin, aufgewachsen in einem reformierten Kanton und verheiratet mit einem Protestanten. Natürlich haben wir grundsätzlich den gleichen Glauben aber die Art, wie wir diesen als Kinder vermittelt bekommen haben ist teilweise doch anders. Hinzu kommen all die alten Traditionen, die hart an der Grenze zum Aberglauben sind aber fast schon Einzug ins Credo gehalten haben. Mir scheinen die Grenzen zwischen Glauben und Aberglauben manchmal recht fliessend.

 

In der Landwirtschaft scheint es viele Regeln zu geben, die wohl eher an Aberglauben erinnern. Einige werden nicht mehr überall praktiziert. Die Gurtkuh, die die Herde vor Blitzschlag schützen soll zum Beispiel. «Man richtet dem Kalb keinen Platz ein, bevor es geboren wurde.» Diese Regel scheint aber schon noch verbreitet zu sein und hat dazu geführt, dass ich Hemmungen hatte ein Kinderzimmer herzurichten, bevor die Geburt gut gelaufen war. Ich habe damals nur die ersten Kinderkleider eingeräumt und die Sachen fürs Bett bereitgelegt aber nicht bezogen. Es fühlte sich richtig und natürlich an. Es schaudert mich manchmal, wenn ich Bilder von fertig eingerichteten, mit Namen beschrifteten Kinderzimmern für Babys sehe, die noch immer gemütlich im Fruchtwasser plantschen. Dann klopfe ich mir gedanklich auf die Finger und schelte mich selbst ein «abergläubisches Babi». Es muss ja nichts dran sein. Schliesslich sind die roten Geranien vor den Stallfenstern, die böse und neidische Blicke davon abhalten sollen in den Stall einzudringen, auch schon etwas überholt. Wie zahlreiche andere dieser Bräuche auch. Oder haben Sie noch ein Karfreitagsei im Dachstock? Also so ein Ei habe ich nicht. Das wäre doch nicht mehr zeitgemäss. Heute schützen wir das Haus doch mit dem C*M*B am Türbalken.

 

Im Jahr 2021 kann man allerdings nicht vorsichtig genug sein. Ich habe jedenfalls noch nicht alle Eier vom Freitag ins Sonntagsmenü getan. Wer weiss, vielleicht vergrabe ich noch eines im Garten oder lege es zur Stallapotheke oder so. So für alle Fälle.