· 

Wunder

Unsere Welt ist voller Wunder. Wenn wir mit offenen Augen unterwegs sind, sehen wir sie überall. Und manchmal dürfen wir sie auch erleben. Eigentlich mag ich diese motivierenden Sätze zur Selbstfindung und Glückseligkeit nicht besonders. Aber manchmal ist das Leben tatsächlich zu kitschig.

 

Wir haben in der Schule Wachteleier ausgebrütet und damit auch ja nichts schiefläuft und man möglichst den ganzen Prozess gut beobachten kann, haben wir ein Wunderding von Apparat gemietet. Selbstverständlich haben wir alles geplant, wann wir mit der Brut beginnen müssen damit die Küken dann an keinem der verlängerten Wochenenden schlüpfen, sondern in der Schule, wenn die Kinder dabei sein können. So zwischen 16 und 18 Tage sollte eine Brut dauern. Ich konnte schon in der Nacht auf den 17. Tag kaum schlafen. Doch Tag 17 verging und nichts war geschlüpft, obwohl es doch so vielversprechend ausgesehen hatte. Am 18. Tag waren endlich Eier angepickt. Auch dieser Schultag verstrich aber ohne ein einziges Küken. Am Morgen darauf waren die Küken endlich da.

 

Weil sich noch Eier bewegten, liess ich den Apparat auch am 19 Tag weiterlaufen. Am nächsten Morgen kam ich um die Eier aus dem Kasten zu räumen. Schliesslich musste ich unseren Wunderapparat zurückbringen und die Brutdauer war auch definitiv abgelaufen. Ich steckte das Gerät aus und transportierte es zum Reinigen und Entsorgen der Eier nach Hause. Mit grossem Erstaunen bemerkte ich, dass noch immer Leben in diesen Eiern war. Schnell siedelte ich sie in unser eigenes Brutgerät um, ohne mir nach dieser langen Zeit und schwankenden Temperaturen noch grosse Hoffnungen zu machen. Als ich am Abend schlafen ging, waren keine Eier offensichtlich angepickt. Am nächsten Morgen aber hüpften fünf Küken im Apparat umher. Sie sind am 20. Bruttag geschlüpft. In der Nacht zum Pfingstsonntag. Ein Wunder oder eine schlechte Planung meinerseits. Ich bin jedenfalls fasziniert von diesen kleinen Geschöpfen.

 

Wir müssen nicht immer die Ursache kennen. Manchmal reicht es einfach das Geschehene anzunehmen. Es erinnert mich etwas daran, dass unser Physiklehrer damals vor Weihnachten eine Lektion zum Thema «Wunder» machte. Ein Mann der Wissenschaft, der uns davon überzeugen wollte, dass es eben auch unerklärliches gibt. Ich möchte ihm zustimmen und heute sagen: Wunder passieren. Lassen Sie sich überraschen und seien Sie bei allem Realismus offen dafür.