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Einerseits und andererseits und ausserdem

Vor einer Woche haben auch wir das Heu eingebracht. Heuzeit ist dann, wenn es nach längerem Regen sonnig wird und sich der Verkehr auf dem Land ungemein verlangsamt. Das hat einerseits mit den Landwirten zu tun, die mit Mähern, Zettern und Schwadern oder Ladewagen unterwegs sind, andererseits aber mit den vielen Fahrradfahrern, die ihren Puls mal wieder spüren wollen.

 

Mit den letzteren habe ich so meine Probleme. Was auch damit zu tun hat, dass das Fahrrad für mich ein Transportmittel ist aber kein Sportgerät. Eigentlich gehe ich selten von zu Hause fort ohne einen Auftrag, ein Ziel, das ich erreichen sollte, um dort etwas zu erledigen. Wenn ich dann auf die Fahrradfahrer treffe, die unterwegs zu sein scheinen, um unterwegs zu sein, verwirrt mich das ein wenig. Nun ja, ein jeder nach seiner Façon. Ich hoffe einfach immer, dass diejenigen, die irgendwo zwischen 70 und 80 Jahre alt zu sein scheinen und im offenen Renndress bei 29.5°C den Hang hinauf schwanken, doch bitte nicht vor mein Auto kippen sollen. Ich habe zwar etwas Training in erster Hilfe, glücklicherweise aber kaum Praxiserfahrung.

 

Auch dieses Jahr waren ein Sonnenbrand vom Rechen und ein paar kleinere Schrammen, alles worum ich mich kümmern musste. Eine Tatsache für die ich dankbar bin. Heuzeit ist nämlich auch immer die Zeit, wo viel Verkehr auf unserem kleinen Strässchen ist. Die Bauern fahren mit ihren Mähern, Zettern, Schwadern, Ballenpressen und Ladewagen und wenn man zu Fuss ist auf diesem schmalen Strässchen, dann scheinen sie plötzlich schnell. Für die Kinder ist das faszinierend. Jedes Mal wollen sie zusehen. Ich begleite sie dann. Damit die Faszination nicht plötzlich zu gross wird und sie irgendwo zu nahe sind. Das machen sie aber sehr gut. Wahrscheinlich bräuchte es mich nicht. Ich bin aber ruhiger, wenn ich dabei bin.

 

Wenn dann das Heu fertig getrocknet ist und zu Ballen gepresst wurde, treten wir in Aktion. Jetz müssen die Ballen geladen werden. Zum Ballenladen braucht es einen Fahrer, der ein Fahrzeug mit Anhänger über ein Stück Land steuern kann. Ich glaube ich war sieben, als ich damit begann. Des Weiteren braucht es jemanden auf dem Wagen, der die Ballen zu einem stabilen Fuder beigen kann. Das war meine Aufgabe, nachdem mein Bruder mich am Steuer abgelöst hatte. Ausserdem braucht man mindestens eine Person, die die Ballen vom Feld aufhebt und auf den Wagen hinaufhievt.

 

Mein Job ist bis heute das Beigen des Fuders. Anschliessend habe ich immer zerkratzte Beine, als ob wir kleine Katzen hätten. Jedes Jahr nehme ich mir vor im nächsten Jahr lange Hosen zu tragen und vergesse es dann doch wieder. Die Ladung zu stapeln ist etwas Schönes. Man trägt eine gewisse Verantwortung und sieht schnell was man gemacht hat. Es ist weniger anstrengend, als die Ballen hinaufzugeben und doch anstrengend genug, um am Abend müde zu sein. Als Jugendliche war es für mich die schönste Belohnung, wenn ich auf der fertigen Ladung nach Hause fahren konnte. Heute ist das undenkbar. Schon damals war es im Grunde riskant. In etwas mehr als drei Metern Höhe auf einem Fuder, das nicht mit Spanngurten gesichert war, auf der Hauptstrasse unterwegs. Das haben wir damals aber nur mit Strohballen gemacht und bis auf das eine Mal, als mein Bruder und sein Freund da oben verhagelt wurden, auch nur wenn der Fahrer nicht durch das Wetter gestresst war. Es war einerseits gefährlich, andererseits wunderschön. Ich musste flach liegen und konnte ganz dicht mit der Nasenspitze an den Zweigen der Ahornbäume vorbeituckern. Das Lichtspiel der Sonne, die durch die Blätter scheint, der Fahrtwind, der leicht die Haare zerzaust, die müden Arme und die brennenden Beine, das alles gehörte für mich zum Sommer.

 

Ein kleines Bisschen gehört es das noch, auch wenn wir unsere Füderchen nur zweihundert Meter transportieren müssen. Es darf auch niemand oben sitzen, da wir sonst nicht mit der Ladung unter das Dach fahren können, um sie abzuladen. Das ist einerseits schade und andererseits nichts als vernünftig und ausserdem bin ich als Mutter ganz froh, dass meine Kinder mur mit dem Hucki übers Land fahren.