Wir haben auf unserer Liegenschaft ein Stück Weg, das fast schnurgerade ist. Am Morgen, wenn die Sonne aufgegangen ist und ich mich auf den Weg zu den Rindern mache, dann gehe ich diesen Abschnitt oft mit geschlossenen Augen. Ich geniesse die wärmenden Strahlen der Sonne auf meiner Haut. Ich tanke die Wärme und das Licht mit jeder Zelle. Auf dem Rückweg wärmt die Sonne dann meinen Rücken, was nicht weniger angenehm ist. Um diese Jahreszeit hat sie dafür allerdings schon nicht mehr so viel Kraft. Die Jacke wärmt bereits deutlich mehr als die Sonnenstrahlen.
Es ist unbestreitbar Herbst. Es hat Nebelschwaden, es wird früher dunkel, die Sonne gehr später auf, die Bäume verfärben sich und einige lassen in regelmässig unregelmässigen Abständen ein oder zwei Blätter fallen. Der Birnbaum-Spalier hat uns tatsächlich noch mit ein paar Birnen beschenkt. Um wieder Birnen-Schnaps zu machen sind es aber deutlich zu wenig. Den Schnaps von den letztjährigen Birnen, konnten wir gestern beim Brenner abholen. Mit diesen fünf Litern können wir das feine fruchtige Aroma in feuriger Variante durch den Winter geniessen. Ich denke es reicht für ein paar Winter. Vielleicht wird es ja ähnlich wärmen, wie die Sonnenstrahlen.
Es wird auch wieder Zeit für eine etwas wärmendere Küche. Meine Gurken sind langsam erschöpft dafür habe ich gestern den ersten Kürbis geerntet. Eine für mich neue Sorte. Einen Acorn squash, der sich besonders für Mus eignen soll. Nach einem ersten Kochversuch kann ich das nur bestätigen. Die mehligen Scheiben haben hervorragend zu unserer Rindszunge mit Rotweinsauce gepasst. Eine Kombination, die ich gerne wieder einmal koche. Zunge gehört sonst eher nicht so zu meinen Favoriten aber eher wegen der Kapernsauce, als wegen der Zunge. Mit einer Rotweinsauce oder auch mit einer Knoblauch-Crème fraîche ist sie aber ein Gaumenschmaus.
Einige Menschen mögen sich vielleicht denken, dass das kaum Schmecken kann. Für mich gehört «From nose to tail» aber seit meiner Kindheit dazu. Mit Ausnahme von Kutteln haben wir eigentlich alles irgendwann vorgesetzt bekommen. Leber und Niere esse ich bis heute gerne. Über Euter, Kutteln und Milken können wir reden. Das gehört weniger zu meinen Favoriten. Die gestrige Zunge hingegen konnte locker mit dem Entrecôte mithalten, das diejenigen am Tisch serviert bekamen, die mit der Zunge nichts anfangen könnten.
Je weiter das Jahr vorrückt, desto näher rückt auch der Tag an welchem wir uns wieder von ein paar Tieren verabschieden werden, um sie zum Metzger zu bringen. Das ist kein leichter Tag aber einer, der zu unserer Lebensform dazugehört. Nicht nur unser Garten und die Bäume werden uns in diesem Winter weiterernähren, sondern auch unsere Tiere. Bis dahin ist aber noch etwas Zeit und wir geniessen die Zeit mit diesen Tieren. Wir geniessen gemeinsam die sonnigen Stunden und auch die ersten winterlich kühlen, die mit dem heutigen Regentag schon fühlbar nahe sind.