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Landkinder in der Stadt

Und dann sind wir doch noch ein paar Tage weg. Wir haben eine Freundin in der Stadt besucht. Die Kinder waren ausnahmsweise voll begeistert jedenfalls bis zu dem Punkt, als mein Mann sagte: «So, jetzt haben wir es gleich geschafft.» «Was?!», sagte unser Grosser, «wir machen Ferien in der Stadt?!» Erst da hatten sie begriffen, was dieser Ortsname, den wir verwendeten bedeutete.

 

Das hat sich aber gleich gelegt, als wir das Haus unserer Gastgeber betreten hatten. Was gab es da nicht alles zu entdecken. Hinter dem Haus war ein Garten und Bäume auf denen Eichhörnchen turnten. So waren die Jungs bald damit beschäftigt Tiere zu beobachten und die Einrichtung des Hauses zu studieren. Schon bald hatte keiner mehr Bedenken wegen Ferien in der Stadt.

 

Wir sind im Park spazieren gegangen, waren am Fluss und auf dem grossen Spielplatz gleich um die Ecke. Dann sind wir mit dem Bus gefahren. Wir haben versucht Tauben zu füttern, was gar nicht so einfach war. Auf den Markt haben wir die üppige Auslage studiert. Die Kinder konnten sich an den Ständen kaum satt sehen. «Schau mal Mami! So viele Kürbisse!», sagte der Kleine begeistert. Anschliessend haben uns unter die vielen Touristen gemischt, die wieder mit Reiseführern unterwegs sind. Es schien fast, als wäre Corona vorbei, hätten nicht so viele Leute Masken getragen und vor jedem Restaurant Plakate mit den Bedingungen für den Eintritt gehangen.

 

Wir waren beeindruckt von den hohen Häusern und dem Zehn-Minuten-Tackt des Buses, aber auch von der Ruhe, die man in dem Haus hatte obwohl es doch so zentral gelegen war. Die Gastfreundschaft war überwältigend. Wir wurden richtig verwöhnt und mit allen Lokalen Spezialitäten verköstigt. Fast so, wie auch wir das gerne machen, wenn Besuch kommt.

 

Kurzum, wir haben unseren Stadturlaub mit allen Vorzügen einer Stadt so richtig genossen. Dazwischen haben die Kinder Sirenen gezählt. «Hörst du Mami? Schon wieder eine Ambulanz. Das ist jetzt schon das sechste Mal, dass ich eine höre seit wir hier sind.» Ich kann mich erinnern, dass das auch für mich einer der spürbaren Unterschiede zum Land ausmachte, als ich Kind war. In der Schule hatten mich die Sirenen Anfangs irritiert. Ich musste bei jeder Ambulanz kurz aus dem Fenster schauen. In diesen Ferien waren sie mehr Begleitgeräusche, wie das leise Rauschen des Verkehrs. Gesehen haben wir sie selten.

 

Jetzt sind wir wieder zu Hause, wo wir vom Frost überrascht wurden. Die letzten Bohnen wurden etwas glasig gefroren. Die Tomaten haben unter dem Vordach jedoch kaum gelitten. Vorsichtshalber haben wir heute aber grosszügig geerntet. Schliesslich sagt die Wetterprognose Schnee für diese Woche vorher. Wir sind wieder zu Hause bei all unseren Tieren und Verpflichtungen. Aber auch dort, wo man statt Sirenen das Röhren der Hirsche hört und statt der Bäume direkt hinter dem Gärtchen, den Wald hinter den Weideflächen sieht.

 

Bis zum Schluss unserer zweieinhalb Tage in der Stadt haben wir übrigens vierzehn Mal die Ambulanz bewusst gehört.