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Badi, Badi, Badi

Nichts ist so sehr eine schweizer Ferientradition, wie der Gang in die Badi. Mit Wasserball oder ohne, mit Sonnenschirm oder doch lieber im Schatten der Bäume, mit Buch oder Kartenspielen, alles ist möglich hier.

Die Badi ist ein Schmelztiegel der Gesellschaft. Hier trifft man alle, die zu Hause kein 50m Becken haben. Die einen kommen mit den Kleinkindern und verbringen den Nachmittag am Plantschbecken. Die anderen sind im Schwimmbecken mit stehtiefem Wasser, die dritten schwimmen Längen mit grossen Becken und die coolen, die trifft man am Sprungturm.

Wer mehrere Tage hintereinander geht sieht immer wieder die gleichen Personen. Mit der Zeit weiss man welches Kind zu welcher Mutter gehört und welche Mütter untereinander befreundet sind. Und wenn man etwas Zeit auf seinem Badetuch verbringt vernimmt man unweigerlich auch wieso die dritte Freundin im Bunde eben nicht recht schwimmen kann oder warum die andere sich scheiden lässt.

In der Badi gibt es eine Form der Intimität, die man so nicht unbedingt gesucht hat und der man schlicht nicht ausweichen kann. Selbst, wenn man möchte. Da ist immer irgendwer, der laut und deutlich hörbar mit jemandem private Dinge diskutiert. Da ist auch immer ein Kind, dass weint. Kleinere Kinder, die sich das Knie aufgehauen haben. Grössere Kinder, die nicht dürfen was sie wollen oder gerade gehört haben, dass der neue Freund der Mama auch noch in die Badi kommt.

Die ganz grossen weinen nicht mehr, auch wenn sie sich gerade furchtbar weh getan haben bei ihrem Renzler vom drei-Meter-Brett. Dafür haben sie es auf Band, denn der Kollege war so freundlich das Geschehen mit seiner Go-pro Kamera festzuhalten. Aber nicht nur diese Generation ist mit Kamera bewaffnet im Schwimmbad unterwegs. Auch Grossmütter sind oft mit gezückten Smartphones unterwegs. Mit verzücktem lächeln im Gesicht betrachten sie durch den Bildschirm ihr Enkelkind auf der Wasserrutsche oder bei seinen ersten Schwimmversuchen.

Mittlerweile sieht man auch die verschiedensten Formen der Badeanzüge. Besonders bei den Frauen und ich musste dabei Feststellen, dass mehr zu verhüllen nicht unbedingt auch schöner aussieht. Ich selbst zeige nicht so gerne viel Haut bin aber nach dem Besuch in der Badi schon wieder mit meinem Körper versöhnt. Eigentlich habe ich glaube ich ein ganz gutes Los. Da darf man sich doch mit gutem Gewissen noch ein Eis holen oder eine Portion Frittes. Vor den Wespen geschützt kann man sie dann in der Umkleide geniessen bevor man sich wieder eincremt und zurück ins Getümmel stürzt.

Zurück zu den kreischenden Teenis, den schreienden Kleinkindern, den wagemutigen Artisten und den Grosis mit dem ernsten Gesichtsausdruck, die hier nur ihre Längen schwimmen wollen.

Ja die Badi, eine Hassliebe. Und ein Stück Kulturgut.